Akupunktur beim Chinchilla [message #32215]
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So, 03 Juni 2007 18:58
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Manuela
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Hallöchen!
Ich glaube, ich schneide zum ersten mal ein ganz neues Thema an . Zumindest habe ich hierzu noch nix gelesen.
Es geht um mein Böckchen Leo, bei dem wir eine Akupunkturtherapie beginnen werden und ich will Euch mal daran teilhaben lassen.
Hier die Vorgeschichte und seine Probleme, für die wir schulmedizinisch keine und alternativmedizinisch noch keine optimale Lösung gefunden haben:
Leo, Alter unbekannt, kastriert, Gewicht aktuell 440g
- Gewichtsverlust von ca. 50g nach Tod eines Partnertieres, seitdem konstant, nimmt nicht zu (schlechter Fresser); seitdem auch zurückgezogen und deutlich weniger agil
- kahle Stelle am Schwanz, Haut schuppt (Pliz ausgeschlossen)
- Augentränen allergiebedingt, chronsiche Konjunktivitis
- verengter Tränen-Nasen-Kanal
- neigt zu Ballenwundheit
Wir haben sowohl schulmedizinisch (Antibiotika, Kortison) als auch alternativmedizinisch (Homöophatika) Etliches probiert, ohne ein zufriedenstellendes Ergebnis zu bekommen und haben uns nun für eine Akupunktur per Laser entschieden. Kommende Woche wird es voraussichtlich losgehen. Bin gespannt, ob Euch so etwas auch interessiert.
Grüßchen, Manuela
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Re: Akupunktur beim Chinchilla [message #32343 antworten auf 32215 ]
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Mi, 06 Juni 2007 18:33
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Manuela
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Hallöchen!
Ich habe hier schon mal was geschrieben:
http://www.chin-forum.de/Board/ftopic8300.html
Leo saß 2005 längere Zeit im Tierheim Berlin komplett auf Quarzsand und hatte zu der Zeit immer krebsrote, verquollene Augen. Nachdem Schritt für Schritt alles andere ausgeschlossen wurde, kam man dazu, dass es sich um eine Allergie handelt. Wir haben alles mögliche probiert, um das zu richten (verschiedenste Einstreu, Heucobs, angefeuchtetes Futter, diverse Augentropfen), bisher gab es aber immer wieder Rückfälle. Nun hat meine TÄ eine Kollegin in der Praxis, die fit in Akupunktur ist, aber auch für sie ist das bei Chinchillas Neuland. Auch meine Dozenten an der ATM Bad Bramstedt haben noch nie ein Chinchilla genadelt oder mit Laser behandelt. Letztlich ist das Meridiansystem aber dasselbe, so dass man auch bei einem Chin die entsprechenden Punkte behandeln kann. Wir haben uns für eine Akupunktur per Laser entschieden, das scheint für Chins einfacher zu sein.
Zur Therapieform. Man kann symptomatisch behandeln oder systematisch. Symptomatisch würde bedeuten, dass man 1 bis 2 Sitzungen pro Woche hat, um das Augentränen zu bekämpfen. Systematisch wäre im Abstand von ca. 3 Wochen, um die Wurzel des Unheils zu packen. In beiden Fällen würde man unterschiediche Punkte wählen, zumindest teilweise. Ich könnte mir vorstellen, dass wir erst symptomatisch und dann systematisch behandeln, aber wir diskutieren derzeit noch um den besten Weg. Die erste Sitzung ist nächsten Freitag. Eine meiner Häsinnen, die auch eine Stauballergie hat, wird parallel zu meinem Chin behandelt, allerdings genadelt, nicht gelasert.
Grüßchen, Manuela
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Re: Akupunktur beim Chinchilla [message #32734 antworten auf 32215 ]
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Sa, 16 Juni 2007 11:01
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Manuela
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Hallo!
Gestern war Leos erste Akupunktursitzung und hier ist sie nun im Detail.
Leos Vorgeschichte und die vorhandenen Erkrankungen wiesen allesamt auf eine Störung des Lungenmeridians hin. Der Lungenmeridian taucht in der Praxis häufig auf und steht für psychotraumatische Erlebnisse (schlechte Haltung [Leo war ein Langzeittierheimsitzer, Vorgeschichte unbekannt], Verlust [körperlicher Abbau nach Tod des Hauptbezugstieres] und Schreck). Außerdem regiert die Lunge nach Chinesischer Medizin das Äußere des Körpers, also die Haut [Leos Ohren schuppen häufig, Neidung zu wunden Füßen], das Fell [kahle Stelle am Schwanz] und die Schweißdrüsen. Ein wichtiger Akupunkturpunkt der Lunge ist der Fei Shu, der „Kummerpunkt“, der auf dem Blasenmeridian liegt (Blase 13). Traurigkeit ist übrigens das der Lunge zugeordnete Gefühl (jedem Organ ist in der TCM [Traditionellen Chinesischen Medizin] ein Gefühl zugeordnet.
Wir haben bei Leo folgende Punkte genadelt (Humannadeln für Handakupunktur) und gelasert:
Blase 13 (Fei Shu), Zustimmungspunkt (Shu Punkt) der Lunge (Nadel):
Stärkt und harmonisiert Lunge und Nieren (Nieren sind ein zentrales Organ der TCM), hilft bei Kummer, Sorge, Trauer, Niedergeschlagenheit, Verzweiflung, Hautkrankheiten, Hautjucken, Erschöpfung, Appetitlosigkeit u.a. Die Behandlung des Punktes befreit und weitet die Atmung, schafft Optimismus und Zuversicht.
Lunge 9 (Laser):
Stärkt das Lungen- und Milz-Qi [„Qi“ kann man mit „Lebenskraft“ übersetzen], reguliert den Flüssigkeitshaushalt, befeuchtet Trockenheit. Hilft bei Beklemmungsgefühlen, Nervosität, Unruhe, Augenrötung u.a.
Magen 40 (Laser):
Wird u.a. behandelt bei Ängsten und Phobien, hilft bei Unruhe, Schlaflosigkeit, ständigem Denken (ständige Aktivität des Geistes), depressiven Verstimmungen, Asthma u.a.
Leber 3 (Laser):
Punkt, über den das Ur-Qi erreicht werden kann; starke beruhigende psychische Wirkung, besonders bei angespannten Tieren und unterdrücktem Zorn. Wird u.a. bei Augenerkrankungen behandelt.
So, nun mache ich es noch ein klein bißchen komplizierter, um die psychischen Aspekte dahinter zu erklären.
Die Elemente sind Euch sicher allen ein Begriff. Die TCM berücksichtigt 5 Elemente: Feuer, Erde, Metall, Wasser und Holz. Diese 5 Elemente müsst Ihr Euch in dieser Reihenfolge als einen Kreislauf vorstellen mit jeweils einer Verbindung von
Feuer zu Erde,
Erde zu Metall,
Metall zu Wasser,
Wasser zu Holz
und Holz zu Feuer;
das nennt man „Mutter-Kind-Zyklus“. Zusätzlich hat jedes Element noch einen Bezug zu dem, was in der Reihenfolge als übernächstes folgt, also
Feuer zu Metall,
Metall zu Holz,
Holz zu Erde,
Erde zu Wasser
und Wasser zu Feuer.
Diese Beziehung sieht so aus, das jedes der Element das als übernächstes nachfolgende kontrolliert. Das heißt, alle diese Elemente hängen dicht zusammen und bedingen einander. Diesen Zusammenhang nennt man „5 Wandlungsphasen“.
So, nun sind jedem dieser Elemente noch Organe und Gefühle zugeordnet:
zu Feuer gehören Herz, Dünndarm, Pankreas, Dreifacher Erwärmer / Freude, Manie;
zu Erde gehören Milz und Magen / Grübeln, Schwermut;
zu Metall gehören Lunge und Dickdarm / Trauer, Kummer,
zu Wasser gehören Niere und Blase / Angst und Furcht
und zu Holz gehören Leber und Gallenblase / Zorn, Wut und Aggression.
Der Idealzustand ist, das alle diese Elemente in Harmonie sind. Sind sie das nicht, so sind damit Organstörungen und emotionale Störungen verbunden.
Machen wir das mal an Leos Beispiel. Bei Leo liegt eine Störung des Lungenmeridians vor, dort kann das Qi, die Lebensenergie, nicht richtig fließen. Die Lunge gehört zum Element Metall und zu den Gefühlen Trauer und Kummer. Leo trauert stark seit dem Verlust des Hauptbezugstieres im Februar 2007. Das Gleichgewicht der Elemente verschiebt sich bei ihm zu Ungunsten des Elementes Metall. Metall kontrolliert im Körper aber das Element Holz. Ist Das Element Metall beeinträchtigt, gibt es auch eine Weiterverschiebung des (Un)Gleichgewichts, an dem das Element Holz beteiligt ist. Zum Element Holz gehören die Leber sowie die Gefühle Zorn, Wut und Aggression. Durch die Störung des Elementes Holz hat sich auch eine Störung im Element Erde ergeben und dem zugehörigen Magenmeridian; ebenfalls dazu gehören die Gefühle Grübeln und Schwermut. Auf dieser Basis ist nun unsere Auswahl der Akupunkturpunkte zu verstehen: Blase 13, Lunge 9, Magen 40 und Leber 3. Wir behandeln damit die Elemente Metall, Holz und Erde mit den zugehörigen Organen und Gefühlen.
Uff, das ist alles recht kompliziert, nicht? Als Laie nicht so leicht (auch für mich nicht *zwinker).
Grüßchen, Manuela
PS: Beschreibungen der Meridianverläufe und Akupunkturpunkte habe ich aus meinen Seminarunterlagen und von www.akupunkturpunkte-finden.de
Quelle aller Bilder zu den Punkten: www.akupunturpunkte-finden.de. Die Bilder beziehen sich alle auf den Menschen, das müsst Ihr dann selbst abstrahieren und übertragen. Chinchillabilder mit Meridianverläufen gibt es nicht.
Blasenmeridian
Lungenmeridian
Magenmeridian
Lebermeridian
[Aktualisiert am: Sa, 16 Juni 2007 11:13]
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Re: Akupunktur beim Chinchilla [message #32757 antworten auf 32215 ]
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Sa, 16 Juni 2007 15:22
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Manuela
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Hallo Mini!
Na, auf dem Behandlungstisch würde er kaum sitzen bleiben, mein kleiner Frechdachs Ich hatte ihn also die ganze Zeit auf dem Arm. Die Nadel im "Kummerpunkt" (siehe oben) blieb 20 Minuten drinnen, danach haben wir sie gezogen. Die anderen Punkte wurden bei sitzender Nadel je 1 Minute lang gelasert.
Die Behandlung beginnt aber schon vor dem Setzen der Nadel mit der Punkteauswahl. dafür ist es nötig, die Vorgeschichte des Tieres so genau wie möglich zu beschreiben und dann nach Chinesischer Sicht zu analysieren. Mein Vorbericht für die Tierärztin sah so aus:
*****
Leo
*geb. unbekannt, kam am 8.6.2005 als erwachsenes Tier mit zwei Weibchen ins Tierheim Berlin, Kastration am 18.7.2005; bei mir seit 1.4.2006
- 15.1.2006 Umzug der Gruppe vom Tierheim Berlin in eine private Chinchillaauffangstelle (ebenfalls Berlin); im Tierheim wurden die Tiere komplett auf Quarzsand gehalten, Leos Augen waren zur der Zeit krebsrot und verquollen; Gewicht am 15.1.2006: 450g
- Bericht vom 30.1.2006: Leo sitzt auf Hanfstreu mit Heucobs statt Heu, leichte Besserung der Augen, Gewicht am 2.2.2006: 460g, am 1.4.2006 488g (Maximalstand)
- Schrittweise Gewichtsverlust mit Krankheit eines Partnertieres (ab 11/2006) und nach dessen Tod (2/2007), seitdem gewichtskonstant bei ca. 430g; verminderte Futteraufnahme, Desinteresse, wenig agil, zurückgezogen
- Augenproblematik hat sich nach dem Tod des Bezugstieres verschlimmert, Behandlung mit Floxal, Totocortin und? + Engystol seit 6/2007, jedoch immer wieder Rückfälle; Wechsel der Einstreu ohne Ergebnis (Holzstreu mit verschiedenem Feinheitsgrad und Hanfstreu)
- Von Anfang an stressanfällig, verschlimmerte sich deutlich mit der Gabe der Augetropfen (z.Zt. teilweise Drohgebärden gegenüber dem Partnertier und beißen bei Handkontakt)
- Unerklärliche kahle Stelle am Schwanz (kein Pilz), wuchs mit der Zeit, inzwischen ca. 5-7cm lang und trocken/leicht schuppig, Nekrolyt-Salbe war erfolglos
- Neigt zu wunden/offenen Ballen und trockenen Ohren
- Ernährung: Pellets, Heu, getrocknete Kräuter, ab und an Trockenfrüchte (Apfel, Ananas, Papaya, Rosine), Rosenknospen und Rote Beete (getrocknet in kleinen Mengen)
*****
Hier setzt dann die Analyse an, die meisten Probleme sind nach Sicht der TCM der Lunge/dem Lungenmeridian zugeordnet. Danach muss man die Punkteübersicht studieren und schauen, was man für welchen Fall nadelt und welche anderen Bezugspunkte noch in Betracht kommen. Die Behandlung im Sprechzimmer geht dann relativ fix, wir haben 45 Minuten für 2 Tiere (ein Chin, ein Kaninchen) gebraucht inkl. der Wartezeiten für die Nadeln.
Grüßchen, Manuela
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